schematische Abbildung von Schmerzen im Hüftgelenk | Endo­prothetik­zentrum am Katho­lischen Kranken­haus Erfurt
Das künstliche Hüftgelenk - Diagnose, Behandlung & Nachsorge

Das Hüftgelenk -
Aufbau und Funktion

Das Hüftgelenk verbindet in erster Linie unseren Oberkörper mit dem Bewegungsapparat und trägt maßgeblich zur Fortbewegung bei. Es besteht aus der Hüftpfanne auf der Beckenseite und dem Ober­schenkelknochen. Unter Muskeleinsatz dreht sich der Hüftkopf in der Hüftpfanne in verschiedene Richtungen und erlaubt damit die Fortbewegung. Auf Grund der vielen möglichen Bewegungsrichtungen wird das Hüftgelenk auch als Kugelgelenk bezeichnet. Sowohl der Hüftkopf als auch die Hüftpfanne sind ursprünglich mit einer Knorpelschicht versehen. Diese Knorpelschicht und die Gelenkflüssigkeit sind als Schmiermittel zu verstehen und sorgen für einen reibungslosen Bewegungsablauf.

Gründe für den Hüftgelenkersatz


Mit über 200.000 Implantationen in Deutschland pro Jahr zählt der Hüftgelenkersatz zu einem der 20 häufigsten operativen Eingriffe, so dass aus heutiger Sicht von einem Standardverfahren gesprochen werden kann. In der Regel sind es folgende Gründe für einen Hüftgelenkersatz:

  • Die Abnutzung der Knorpelschicht – die Arthrose – ist mit Abstand die am häufigsten vorkommende Erkrankungs­erscheinung. Dabei kommt es zum Abbau der Knorpelschicht. Die Arthrose ist eher als schleichender Prozess über einen längeren Zeitraum innerhalb unseres Lebens zu sehen. In letzter Konsequenz kommt es zum direkten knöchernen Kontakt („wie auf Felgen fahren“) zwischen Hüftpfanne und Schenkelhalskopf mit Schmerzen beim Gehen wie auch im Ruhezustand.
  • Im Gegensatz zu Arthrose kommt es bei der Hüftkopfnekrose zu einem „Absterben“ des Knochens und somit zur Schädigung des Hüftgelenkes. Auch dies führt zu den typischen Hüftschmerzen. Die Hüftkopfnekrose kann ganz plötzlich ohne Ursache auftreten und sich schnell verschlechtern oder aber auch Spätfolge eines früheren Knochenbruches sein.
  • Die Hüftdysplasie, eine angeborene Gelenkfehlstellung, lässt den Hüftkopf nicht rund in der Hüftpfanne gleiten. Eine einseitige Abnutzung der Knorpelschicht, meist schon in jüngeren Jahren, ist die Folge.
  • Der Ober­schenkelhalsbruch als Folge eines Sturzes oder eines Unfallereignisses kann ebenso zu einem Gelenkersatz führen. Gerade mit zunehmendem Alter verlieren die Knochen an Festigkeit, so dass Knochenbrüche eher auftreten.

Die Diagnostik

Für die Feststellung des vorliegenden Krankheitsbildes helfen dem Arzt diverse Funktionstests, die die Einschränkungen des Hüftgelenks beim natürlichen Bewegen aufzeigen und Röntgen­bilder, die die knöcherne Situation darstellen. Das Krankheitsbild des Hüftgelenk­verschleißes äußert sich durch Schmerzen, insbesondere beim Gehen und in Belastungs­situationen. Auf Grund dieser Schmerzen nimmt der Betroffene eine Schonhaltung ein, die wiederum zu Fehlbelastungen und Verän­derungen von Muskel- und Sehnenstrukturen führen kann.

Zunächst kann dem Gelenkersatz durch ein gezieltes konservatives Behandlungs­verfahren entgegengewirkt werden. Zum einen durch die Verschreibung von Medikamenten, die die Schmerzen lindern und zum anderen durch gezielte Krankengymnastik, um aktuelle Blockaden zu behandeln. Meistens aber erreicht das Schmerzniveau im weiteren Verlauf einen Punkt, in dem die Schmerzen den Alltag so sehr beeinflussen, dass sich die Lebensqualität stark reduziert und es nachts zu sogenannten Ruheschmerzen kommt.
Nach der Entscheidungsfindung, in welcher Klinik die Operation durchgeführt werden soll, werden in der Klinik die notwendigen Vor­bereitungen getroffen:

  • Führen von Aufklärungsgesprächen
  • Festlegung des Operationstermins
  • Anfertigen von Röntgenaufnahmen
  • Auswahl und Vorstellung der für Sie in Frage kommenden Prothesentypen
  • Planung und Größenbestimmung auf dem Röntgenbild

Die Implantate -
Verankerung & Material

Man unterscheidet zwischen zwei Ver­ankerungs­prinzipien der Endoprothesen­komponenten – die zementfreie und die zementierte. Bei der Mischung der beiden Verfahren spricht man von einer Hybridversorgung.

Zementfreie Prothesen­komponenten

Bei einer Fraktur wird in der Regel der Prothesenschaft in Verbindung mit einem Bipolarkopf unter Erhalt der natürlichen Hüftpfanne implantiert. Der Vorteil dabei ist, dass das noch intakte Pfannenlager nicht präpariert wird. 
 
Die zementfreien Implantate sind in der Regel aus einer Titan­schmiede­legierung gefertigt und teilweise mit einer porösen Oberfläche versehen, bzw. mit einer knochen­wachstums­fördernden Beschichtung besprüht. Sie sorgen für ein Anwachsen des Knochens an das Implantat.
 

Zementierbare Prothesen­komponenten

Die zementierbaren Prothesen­komponenten werden aus einer Kobalt-Chrom-Schmiedelegierung gefertigt und sind unbeschichtet. Jede einzelne Prothesen­komponente ist in unterschiedlichen Durchmessern bzw. Abmessungen vorhanden. Damit kann auf die patienten­spezifische, individuelle anatomische Ausgangs­situation eingegangen werden. Welches Implantat mit welcher Verankerungs­form für Sie in Frage kommt, hängt von Ihrer Ausgangs­situation, der Knochen­beschaffenheit sowie Ihrem Aktivitäts­niveau ab. Die Implantat­auswahl wird gemäß weiterer verschiedener Parameter von Ihrem Arzt entschieden.

Vor, während und nach der Operation

Damit Sie bestens informiert und gut vorbereitet in Ihre Operation gehen, haben wir hier alle wichtigen Infor­ma­tionen für Sie zusammengestellt – von den notwendigen Vor­bereitungen vor dem Eingriff über den Ablauf während der Operation bis hin zu den wichtigsten Hinweisen für die Zeit danach. So wissen Sie jederzeit, was Sie erwartet und wie Sie aktiv zu einem optimalen Heilungsverlauf beitragen können.

Vor­bereitungen zur Operation
Vor­bereitungen zur Operation

Allergien

Teilen Sie dem behandelnden Arzt im Vorfeld Ihres OP-Termins mit, ob Allergien bei Ihnen bekannt sind. Denken Sie dabei nicht nur an Metallallergien, sondern auch an Reaktionen auf Medikamente oder synthetische Stoffe (z. B. Latex).

Weitere Erkrankungen

Wenn Sie sich wegen anderer Erkrankungen in medizinischer Behandlung befinden, sollten Sie in Vor­bereitung auf die Operation Ihren behandelnden Arzt informieren, damit sich das OP-Team rechtzeitig darauf einstellen kann.

Anästhesie und Eigenblutspende

Neben einer Vollnarkose besteht die Möglichkeit, die Operation in einer Teilnarkose (Rückenmarksnarkose) durchzuführen. Die Entscheidung, welche Form für Sie in Frage kommt, trifft der zuständige Narkosearzt unter Berücksichtigung eventueller Begleiterkrankungen. Der Blutverlust beim operativen Eingriff kann durch verschieden gelagerte Verfahren kompensiert werden, wie bspw. durch die Eigenblutspende im Vorfeld oder durch den Einsatz von sogenannten Cell-Saver-Verfahren.

Wichtige Utensilien
Wichtige Utensilien

Mit dem Gang ins Kranken­haus stellt sich auch immer die Frage, welche Utensilien Sie für Ihren Klinikaufenthalt benötigen. Hierbei kann Ihnen folgende Liste eine Hilfe sein.

Notwendiges für Sie persönlich:

  • Toilettenartikel
  • Schlafanzug
  • Bademantel
  • Bekleidung für Sport und Freizeit
  • Flache, rutschfeste Schuhe für den sicheren Gang direkt nach der Operation
  • Sport- und Hausschuhe
  • Notwendige Medikamente
  • Bücher, Zeitschriften
  • Kontaktadressen von Angehörigen, Freunden und Bekannten
  • Etwas Bargeld

Notwendiges für die Klinik:

  • Angefertigte Röntgen­bilder
  • Unter­suchungsberichte und Arztberichte
  • Überweisungen
  • Kranken­kassenversicherungskarte
  • Allergiepass und wenn vorhanden Implantatpass
  • Aktueller Medikamentenplan
Vor der Operation
Vor der Operation

Um möglichst frühzeitig, mögliche Risiken zu minimieren und Sie entsprechend umfassend auf die bevorstehende Operation vorzubereiten, kommen Sie ein bis zwei Wochen vor Ihrem OP-Termin zu uns ins Kranken­haus. Wir kontrollieren zu diesem Termin nochmals alle Ihre Blutwerte, werten Zusatzuntersuchungen anderer Ärztinnen und Ärzte mit Ihnen gemeinsam aus und besprechen ggf. die Einnahme von Medikamenten bzw. weitere vorliegende Erkrankungen. Außerdem wird der Narkosearzt das Aufklärungsgespräch mit Ihnen führen. Sie haben noch Fragen? Kein Problem - auch hierfür nehmen wir uns an diesem Tag Zeit.

In der Regel erfolgt dann am Vortag der Operation die Aufnahme ins Kranken­haus. Nach Erfassung der persönlichen Daten werden Sie auf die Station gebracht. Die Schwestern und Pfleger stehen Ihnen zur Klärung weiterer Fragen zur Seite. Wegen der Narkose dürfen Sie ab einem definierten Zeitpunkt nichts mehr zu sich nehmen. Sie erhalten gegebenenfalls vor der Operation Beruhigungs- oder leichte Schlafmittel.

Das operative Vorgehen
Das operative Vorgehen

Nach Einleitung der Narkose und Abschluss der Vor­bereitungen erfolgt das Abwaschen und der Hautschnitt. Die darunter liegenden Weichteile und Muskeln werden schonend zur Seite geschoben und das Hüftgelenk freigelegt. Für den Operationszugang gibt es verschiedene Verfahren. Gerade weniger-invasive Zugänge finden heute immer stärkeren Anklang, da sie einzelne Muskel- und Sehnenstrukturen schonen. Dabei ist aber nicht die Länge des sichtbaren Hautschnitts entscheidend, sondern die schonende Handhabung der Weichteile unter der Haut. Die Operationszeit beträgt in der Regel zwischen 45 und 120 Minuten.

Der Gelenkersatz
Der Gelenkersatz

Zunächst wird der erkrankte Hüftkopf durch Abtrennen des Ober­schenkelhalses vom Ober­schenkelknochen aus dem Hüftbecken entfernt und anschließend das passgenaue Pfannenbett durch stufenweises Auffräsen vorbereitet. Im weiteren Verlauf des Eingriffs wird das ausgewählte Pfannenimplantat in das vorbereitete Lager eingebracht und das Pfannen-Inlay bei den zementfreien Implantaten eingesetzt. Nachdem der Markraum des Ober­schenkelknochens stufenweise für das passende Implantat präpariert wurde, wird - je nach Situation mit oder ohne Knochenzement - das Schaftimplantat eingesetzt. Auf das Schaftimplantat wird dann der Endoprothesenkopf aufgesetzt und die Schaft-Kopf Komponente mit dem Pfannenimplantat zusammengeführt.

Die neue Gelenkfunktionalität wird abschließend überprüft und ggf. Muskeln sowie die Weichteile vernäht und die Wunde verschlossen. In die Wunde werden Schläuche eingelegt, die einen Bluterguss abfließen lassen. Diese werden ca. 2-3 Tage nach der Operation wieder entfernt.

Nach der Operation
Nach der Operation

Die ersten Schritte

Bereits ein oder zwei Tage nach der Operation erfolgt unter Anweisung von medizinischem Fachpersonal die Belastung Ihres neuen künstlichen Gelenks. Mit Hilfe von Gehstützen können Sie erste Gehversuche unternehmen. Nach und nach gliedern sich weitere therapeutische Maßnahmen in der Rehabilitationsphase an und Sie erlernen das Gehen, richtiges Treppensteigen und Sitzen.
Ein Video mit Bewegungsanleitung können Sie sich hier ansehen.

Rehabilitation

Nach 5-8 Tagen erfolgt die Entlassung aus der Klinik in die Rehabilitation, die auf Sie als Patient mit einem künstlichen Hüftgelenk spezialisiert ist. Ziel ist es, stufenweise die Vollbelastung des Gelenks zu  erreichen und Sie auf die normalen Tätigkeiten, Belastungen und Gewohnheiten Ihres Alltags vorzubereiten.

Der Endoprothesenpass

Er ist ein wichtiger Bestandteil auf Reisen, insbesondere bei Personenkontrollen auf dem Flughafen, da der Personen-Scanner auf metallene Komponenten reagieren kann. Der Pass weist Sie als Implantatträger/in aus und dient zur Identifikation und Dokumentation der bei Ihnen eingesetzten
Implantatkomponenten durch die eingeklebten Aufkleber. Hier werden auch Ihre Nachuntersuchungstermine eingetragen. Bewahren Sie den Pass an einem sicheren Ort auf bzw. tragen Sie ihn bei sich.

Nachuntersuchungen

Durch den Gelenkersatz können Sie Ihr Leben im Normalfall wieder schmerzfrei und mit mehr Bewegung genießen. Für einen langfristigen Erfolg sollten in regelmäßigen Abständen Nachkontrollen stattfinden. Dabei wird anhand von Röntgen­bildern die Integration der Implantatkomponenten in bzw. an den Knochen beurteilt, sowie die Gelenkfunktionalität überprüft.

Sie haben Fragen? Ihr Kontakt.
Sie haben Fragen? Ihr Kontakt.

Endoprothethikzentrum am KKH Erfurt
Haarbergstraße 72
99097 Erfurt

0361 654-1211
unfallchirurgie@kkh-erfurt.de 

Leben mit dem neuen Hüftgelenk

Der langfristige Erfolg eines Gelenkersatzes wird durch die Nachbehandlung und durch Ihr Verhalten nach der Operation beeinflusst. Nach erlernten Verhaltensmustern in der Rehabilitation steht das Leben in Ihrem gewohnten Alltag an, mit all den dort auftretenden situationsbezogenen Belastungen. Ihr Knochen adaptiert sich ungefähr in einem Zeitraum von 7 Monaten an die Prothese. Das heißt, dass der Knochen an die Implantatoberfläche anwächst, bzw. Umbauvorgänge im Knochen stattfinden. Daher sollten in diesem Zeitraum keine starken Belastungen auf die Prothese einwirken.

Die hier aufgeführten Punkte entsprechen keiner Generalempfehlung und können von Patient zu Patient abweichen. Ihr Alter, die sportliche Erfahrung sowie Ihr körperlicher Allge­meinzustand beeinflussen die Gesamtsituation. Sprechen Sie bitte hierzu Ihren betreuenden Arzt bei weiteren Fragen direkt an.

Im Folgenden finden Sie einige Empfehlungen für den Alltag, insbesondere für die ersten sechs Monate, die Ihnen den Umgang mit dem künstlichen Gelenk vereinfachen:

Zu vermeiden sind:

  • Abrupte und ruckartige bzw. stoßartige Bewegungen
  • Ausdauersportarten, häufiges Treppensteigen
  • Übermäßiges und langes Stehen
  • Überschlagen der Beine
  • Sitzen in tiefen Sitzmöbeln wie Sofas bzw. Loungesesseln
  • Starke und überproportionale Gewichtszunahme
  • Heben von schweren Lasten

Empfehlungen für die Vereinfachung des Alltags:

  • Gutes, flaches und rutschfestes Schuhwerk
  • Schuhe mit Klettverschluss oder elastischen Schnürsenkeln
  • Ausräumen von Stolperfallen wie z. B. Teppichkanten, herumliegende Gegenstände
  • Sitzkissen als Erhöhungsunterlage

Auch der sexuelle Kontakt wird mit einem künstlichen Hüftgelenk nicht wesentlich eingeschränkt. Sie sollten allerdings in der Anfangsphase unbedingt darauf achten, dass alle Bewegungen schmerzfrei durchführbar sind und auf Hüftbeugungen von mehr als 90° verzichten. Auch sollte das Gewicht ihres Partners nicht direkt auf das operierte Gelenk einwirken.

Nach dem Anwachsen der Prothesen­komponenten an den Knochen ist eine hohe Stabilität erreicht. Allerdings ist ein künstliches Gelenk nicht mit einem natürlichen zu vergleichen, so dass es  Einschränkungen, zum Beispiel beim Sport, gibt. Sport ist jedoch in jeglicher Hinsicht positiv. Doch sollte das berühmte „Maß halten” zum Tragen kommen. Gerade Stoßbewegungen, wie bei Sprüngen aus höherer Distanz sowie Belastungen, die ruckartig und in schnellen wiederkehrenden Zyklen  auftreten oder einen hohen Bewegungsumfang erfordern, sind eher zu vermeiden.

Geeignete Sportarten:

  • Radfahren
  • Schwimmen
  • Wandern, Nordic Walking
  • Ski Langlauf
  • Gymnastik
  • Tanzen (Standard- bzw. Lateintänze)

In Absprache mit Ihrem Arzt können folgende Sportarten in Betracht gezogen werden:

  • Golfen
  • Joggen (auf Waldboden, Tartanbahnen)
  • Krafttraining

Weniger geeignete Sportarten (nach Rücksprache mit dem Arzt):

  • Ballspiele und Mannschaftssport wie Fußball, Handball, Basketball,…
  • Squash
  • Reiten
  • Tennis
  • Alpiner Skilauf

Bei Fragen, sprechen Sie uns gern an.

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